Diese Ortsvorschrift besagt, dass der Besteuerungsort der Vermietung eines Fahrzeugs an einen Nichtunternehmer (wie zum Beispiel an einen Angestellten) für einen ununterbrochenen Zeitraum von mehr als 30 Tagen dort ist, wo der Nichtunternehmer (hier der Angestellte) seinen Wohnsitzt oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Entscheidung des EuGH
Der EuGH äußert sich zu der Anwendbarkeit der Ortsvorschrift des Art. 56 (2) MwStSystRL wie folgt:
- Erfolgt die Dienstwagenüberlassung an den Mitarbeiter entgeltlich, liegt eine Vermietung eines Beförderungsmittels im Sinne der Ortsvorschrift nur vor, wenn der Arbeitgeber seinem Angestellten gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht überträgt, den Dienstwagen in Besitz zu nehmen und andere von diesem Recht auszuschließen.
- Eine solche Vereinbarung muss nicht in einem gesonderten Mietvertrag geregelt sein, sondern kann auch in dem Arbeitsvertrag des Angestellten enthalten und in zeitlicher Hinsicht an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses gekoppelt sein. Auch die vertragliche arbeitgeberseitige Vorgabe, das Fahrzeug für dienstliche Fahrten zu nutzen, ist unschädlich. Entscheidend ist daher, dass zwischen dem Arbeitgeber und seinem Angestellten eine „wirkliche Vereinbarung“ besteht, die dem Angestellten die private Mitbenutzung über eine definierte Dauer garantiert, so dass der Mitarbeiter das vertragliche Recht hat, das Fahrzeug dauerhaft auch für seinen privaten Bedarf unter Ausschluss von anderen zu nutzen. Der für eine Vermietung erforderliche Mietzins kann nicht in einer anteiligen Arbeitsleistung liegen. Es hat hierfür vielmehr eine Zahlung seitens des Arbeitnehmers oder dergleichen (wie z.B. einen Lohnabzug) zu erfolgen.
- folgt die Dienstwagenüberlassung an den Mitarbeiter unentgeltlich, kann die Ortsvorschrift nicht zur Anwendung kommen. Denn der für eine Vermietung erforderliche tatsächlich in Geld zu entrichtende Mietzins liegt auch dann nicht vor, falls die unentgeltliche Nutzungsüberlassung einer Dienstleistung gegen Entgelt nach Art. 26 (1) Buchst. a) der Richtlinie 2006/112 gleichgestellt sein sollte
Hintergrund der Entscheidung
Der Unternehmer QM, eine Verwaltungsgesellschaft eines Investmentfonds mit Sitz in Luxemburg, stellte zwei ihrer Mitarbeiter jeweils ein Fahrzeug zur Verfügung. Die Mitarbeiter hatten ihren Wohnsitz in Deutschland und übten ihre Tätigkeit von Luxemburg aus. Die Fahrzeuge wurden von den Mitarbeitern sowohl dienstlich wie auch privat genutzt. Gegenüber einem der Mitarbeiter erfolgte die Fahrzeugüberlassung kostenfrei, während QM von dem anderen Mitarbeiter für die Dienstwagenüberlassung einen jährlichen Betrag von knapp 5.700,00 EUR vom Gehalt einbehielt.
QM unterlag in Luxemburg aufgrund ihrer umsatzsteuerfreien Fondsverwaltungstätigkeiten einem vereinfachten Besteuerungsverfahren und konnte in diesem Mitgliedstaat die in Verbindung mit den beiden Fahrzeugen gezahlte Mehrwertsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Die Fahrzeugüberlassungen lösten in Luxemburg keine Mehrwertsteuer aus.
Das für QM zuständige deutsche Finanzamt unterwarf beide Fahrzeugüberlassungen der deutschen Mehrwertsteuer unter Anwendung der Ortsregelung von Art. 56 (2) MwStSystRL (§ 3a (3) Nr.2 S.3 UStG).
Konsequenzen aus der Entscheidung des EuGH
In der Praxis ergeben sich aus dem Urteil des EuGH insbesondere folgende Konsequenzen bei längerfristigen Dienstwagenüberlassungen zur auch privaten Verwendung:
- unentgeltliche Dienstwagenüberlassungen eines ausländischen Unternehmers von seinem Sitz im Ausland kommt es nicht zu einer Umsatzbesteuerung der Dienstwagenüberlassung in Deutschland. Denn selbst wenn die unentgeltliche Kfz-Überlassung einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichzustellen ist, richtet sich der Ort der Leistung nach Art. 45 MwStSystRL (entspricht § 3a (1) UStG) und liegt damit dort, wo der Unternehmer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat (Ausland). Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man für frühere Zeiträume bei Anwendung der (mittlerweile aufgehobenen) Ortsvorschrift für unentgeltliche Wertabgaben nach § 3f UStG.
- Bei entgeltlichen Dienstwagenüberlassungen ist dagegen eine genaue Prüfung erforderlich. Nur wenn die vertragliche Abrede zwischen dem Arbeitgeber und seinem Arbeitnehmer derart gestaltet ist, dass das Recht zur privaten Nutzung (unter Ausschluss von anderen) und die Dauer des Nutzungsrechts feststehen (was in deutschen Arbeitsverträgen in der Regel der Fall ist), erfolgt bei einer entgeltlichen Dienstwagenüberlassung eines Unternehmers von seinem ausländischen Sitz an einen in Deutschland wohnhaften Mitarbeiter eine Besteuerung in Deutschland aufgrund der Anwendbarkeit der Ortsvorschrift des Art. 56 (2) MwStSystRL (§ 3a (3) Nr.2 S.3 UStG).
Für weitere Informationen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen gerne Frau Pogodda-Grünwald und Herr Frank von Itter von unserem VAT Center of Excellence zur Verfügung