Mit einem einzigen Satz hatte das BMF in einem Schreiben vom 29. Januar 2021 für Wirbel in der ohnehin durch die Corona-Krise gebeutelten Reisebranche gesorgt. In dem Schreiben heißt es lediglich kurz und knapp: „ § 25 UStG ist bei Reiseleistungen von Unternehmern mit Sitz im Drittland und ohne feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet nicht anwendbar.“ Diese Regelung, die nunmehr Eingang in den UStAE gefunden hat, war laut BMF in allen offenen Fällen anzuwenden, wobei es nicht beanstandet wurde, wenn Drittlandsunternehmer auf bis zum 31. Dezember 2020 ausgeführte Reiseleistungen noch die Sonderregelung des § 25 UStG anwendeten. Diese Nichtbeanstandungsregelung, die mit BMF-Schreiben vom 29. März 2021 bis zum 31. Dezember 2021 und mit BMF-Schreiben vom 1. Dezember 2021 bis zum 31. Dezember 2022 verlängert wurde, wird nunmehr bis zum 31. Dezember 2023 verlängert.
§ 25 UStG gilt nach seinem Wortlaut für Reiseleistungen eines Unternehmers, soweit er gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Hiervon umfasst sind im Wesentlichen Reiseveranstalter, die klassischerweise eine Beförderungsleistung, die Unterbringung und Verpflegung, die Betreuung durch Reiseleiter, die Durchführung von Stadtrundfahrten etc. anbieten. Diese Leistungen sind im Sinne der Vorschrift als einheitliche Dienstleistung anzusehen, die an dem Ort ausgeführt wird, wo der Leistende sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 UStG). Während die deutsche Vorschrift keine Einschränkung auf in EU Mitgliedstaaten ansässige Unternehmer vorsieht, lässt sich aus Art. 307 MwStSystRL dies herauslesen, wo geregelt ist, dass die (einheitliche) Dienstleistung in dem Ansässigkeits-Mitgliedstaat bzw. dem Mitgliedstaat der festen Niederlassung des leistenden Unternehmers besteuert wird. Dies mag der Grund für die Regelung der deutschen Finanzverwaltung sein. Ferner gab es bereits in der Vergangenheit auf europäischer Ebene Bestrebungen, die Sonderregelung nicht auf Reiseveranstalter mit Sitz im Drittland anzuwenden (so der EU-Mehrwertsteuerausschuss bereits in 2014), um Wettbewerbsvorteile durch eine ggf. fehlende Umsatzbesteuerung in dem entsprechenden Ansässigkeitsland zu vermeiden.
Welche Konsequenz hat nun die Neuregelung des BMF? Durch den Wegfall der Sonderregelung für reiseveranstaltende Unternehmer mit Sitz im Drittland (und ohne feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet) finden nunmehr die allgemeinen Vorschriften des deutschen Umsatzsteuerrechts Anwendung, die nicht nur die Grundsätze zur Einheitlichkeit der Leistung umfassen (Klärung der Frage, ob weiterhin eine Bündelung der o.g. (Reise-)Leistungen zu einer einheitlichen Leistung führt oder ob separat zu würdigende Leistungen vorliegen), sondern auch die Bestimmungen zum Leistungsort, zur Steuerfreiheit, zum Steuersatz (z.B. temporärer ermäßigter Steuersatz für Verpflegungsleistungen), zur Steuerschuldnerschaft sowie zum Vorsteuerabzug. Dies führt dazu, dass Drittlandsunternehmer bei der Erbringung von Leistungen in Deutschland sich nunmehr einer Registrierungsverpflichtung ausgesetzt sehen, beispielsweise weil sie hier Hotelunterkünfte anbieten. Liegen B2B-Fälle vor, geht die Steuerschuldnerschaft im Reiseland (Deutschland) freilich auf die unternehmerischen Kunden über. Auch der Bezug von Eingangsleistungen, die der Unternehmer mit Sitz im Drittland von nicht in Deutschland ansässigen Subunternehmern bezieht, kann eine Registrierungspflicht in Deutschland infolge des Übergangs der Steuerschuldnerschaft auslösen.
Für die Praxis stellen sich jetzt für Reiseveranstalter mit Sitz im Drittland und ohne feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet sowie für deutsche Unternehmer, die Reiseleistungen von solchen Unternehmern beziehen verschiedene Fragen bzw. Überlegungen, ob und wie das Geschäft anzupassen ist, um sich aus der Bestimmung ergebende positive Aspekte zu Nutze zu machen bzw. negative Folgen zu vermeiden.