Blickpunkt: Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen nach IFRS (Hedge Accounting)

Einleitung

Die aktuelle makroökonomische Lage führt zu Unsicherheiten und ist von hoher Volatilität bei Wechselkursen, Zinsen und Marktpreisen geprägt. Für Industrieunternehmen kann in instabilen Zeiten eine Absicherung bestimmter Positionen mit Wert- und Zahlungsstromschwankungen durch derivative Finanzinstrumente in Betracht kommen. Hierbei werden Risiken eines Grundgeschäftes durch Abschluss eines dem Risiko des Grundgeschäfts entgegenlaufenden Sicherungsgeschäfts minimiert (hedging). Das Hedging ist effektiv und erfolgreich, wenn das Gesamtergebnis aus Grund- und Sicherungsgeschäft weitgehend immun gegen die Änderung der Risikovariablen ist.1 Bilanziell sind jedoch das Einzelbewertungsprinzip und das Stichtagsprinzip zu beachten. Insofern bestehen restriktive Anforderungen an die bilanzielle Abbildung von Sicherungsbeziehungen, auf die nachfolgend eingegangen wird. 

Zulässige Arten von Sicherungsbeziehungen

Es kommen drei verschiedene Formen von Sicherungsbeziehungen in Betracht: fair value hedge, cash flow hedge und hedge of a net investment in foreign operation. Bei einem fair value hedge wird das Risiko einer Änderung der beizulegenden Zeitwerte (z.B. von bilanzierten Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten) abgesichert. Bei einem cash flow hedge wird das Risiko von variablen Zahlungsströmen (z.B. von bilanzierten Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten) abgesichert. Bei einem hedge of net investment in foreign operation wird das aus Nettoinvestitionen in einen ausländischen Geschäftsbetrieb2 resultierende Währungsrisiko abgesichert.

Umfang der Sicherungsbeziehungen

Je nach Kompensationsumfang kann ein Mikro-, Makro- oder Portfolio-Hedge designiert werden. Ein Mikro-Hedge sichert das Risiko aus einem einzelnen und genau definierten Grundgeschäft durch ein einzelnes Sicherungsinstrument unmittelbar ab. Ein Makro-Hedge sichert das netto Risiko aus einer gesamten Gruppe von Grundgeschäften durch ein oder mehrere Sicherungsinstrumente ab. Bei einem Portfolio-Hedge werden mehrere gleichartige3 Grundgeschäfte durch ein oder mehrere Sicherungsinstrumente abgesichert, wobei die Anzahl der Grundgeschäfte und Sicherungsinstrumente unbestimmt ist.

Voraussetzungen zur Bildung von Sicherungsbeziehungen nach IFRS 9

Neben den in IFRS 9.6.4.1 nachfolgend genannten Voraussetzungen, die zum Zeitpunkt der Designation kumulativ erfüllt sein müssen:

  • die Sicherungsbeziehung darf nur zulässige Sicherungsinstrumente und zulässige gesicherte Grundgeschäfte enthalten,
  • zu Beginn der Sicherungsbeziehung erfolgt eine formale Designation und Dokumentation der verfolgten Risikomanagementzielsetzung und -strategien und
  • die Sicherungsbeziehung erfüllt alle Anforderungen an die Wirksamkeit der Absicherung (Sicherungsquote)
sind für die Anwendung der Bilanzierung von Sicherungsgeschäften und die gelebte Risikomanagementstrategie in Einklang miteinander zu bringen. Die bilanzielle Abbildung eines Sicherungsgeschäftes setzt das Bestehen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen dem Grundgeschäft und dem zur Absicherung kontrahierten Instrument voraus. Nachzuweisen ist eine, bezogen auf die designierte Risikokomponente, gegenläufige Wertentwicklung von Grund- und Sicherungsgeschäft.  

Zulässige Grundgeschäfte sind gemäß IFRS 9.6.3.1 bilanzierte Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten, nichtbilanzierte feste Verpflichtungen, mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen oder eine Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb.4 Das Grundgeschäft muss verlässlich bewertbar und gegenüber anderen Parteien abgeschlossen sein. Bei der verlässlichen Bewertbarkeit wird dem Grundsatz der Informationsrelevanz für den Investor Rechnung getragen. Eine erwartete Transaktion ist als Grundgeschäft zulässig, sobald sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt. Der gegenläufige Risikocharakter innerhalb der Gruppe an Grundgeschäften kann zu Nettopositionen führen. Nettopositionen sind dann zulässig, wenn das Risikomanagement eine Absicherung auf Basis dieser Nettoposition vornimmt und diese Absicherung als Teil einer etablierten Risikomanagementstrategie entsteht. Der Ausgleich der gegenläufigen Risiken zwischen den Grundgeschäften wird als natural hedge bezeichnet.

Als zulässige Sicherungsinstrumente gelten gemäß IFRS 9.6.2.1 grundsätzlich Derivate.5

Unternehmen müssen Sicherungsbeziehungen zu Beginn formal designieren und dokumentieren sowie die Risikomanagementziele und -strategie für die durchgeführten Absicherungen vorlegen. Demnach müssen Grundgeschäft, Sicherungsinstrument sowie die abgesicherten Risikoarten genau bestimmt werden. Dabei ist auch die Effektivität der Sicherungsbeziehung zu erläutern. Sofern sich bedeutsame Umstände ändern, die sich auf die Effektivitätsanforderungen auswirken können, soll die Analyse zumindest an jedem Abschlussstichtag erfolgen. Eine Änderung der Sicherungsbeziehung im Zeitablauf ist zu dokumentieren.

Gemäß IFRS 9.6.4.1(c) erfolgt die Effektivitätsbeurteilung der Sicherungsbeziehung anhand von drei Kriterien: 

  • Vorhandensein der wirtschaftlichen Beziehung zwischen Grundgeschäft und Sicherungsinstrument (economic relationship), 
  • nicht vorhandene Dominanz des Ausfallrisikos von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument gegenüber ihren Wertänderungen (credit risk not dominant) und 
  • Beurteilung der Effektivität anhand der zu dokumentierenden Sicherungsquote (hedge ratio).


Die Effektivitätsbeurteilung erfolgt retro- und prospektiv. Die gängige Methode zur Effektivitätsmessung ist die sog. Critical-Terms-Match-Methode, die auch der Standardsetter vorsieht. Unternehmen müssen die bilanzielle Sicherungsbeziehung dann und nur dann beenden, wenn die Sicherungsbeziehung oder ein Teil der Sicherungsbeziehung nicht mehr den Anwendungsvoraussetzungen für hedge accounting entsprechen.7

Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen 

Sowohl Grund- als auch Sicherungsgeschäft stellen – soweit eine Synthetisierung ausscheidet – eine separate unit of account dar und sind nach den Vorgaben zur bilanziellen Abbildung zu erfassen. Obwohl beide Geschäfte getrennt darzustellen sind, erlaubt das Regelwerk wahlweise die Wirkung der Risikomanagementstrategie bzw. der Designation von Sicherungsbeziehungen im Abschluss darzustellen, indem die Vorgaben zum hedge accounting Anwendung finden. Hiermit lassen sich Gewinne- und Verluste aus Grund- und Sicherungsgeschäft im Gesamtergebnis der Periode synchronisieren. Aufgabe des hedge accounting ist es somit, eine Synchronisierung der Wirkung aus dem Grundgeschäft und dem Sicherungsderivat in der GuV herzustellen, wo die allgemeinen Bewertungsregeln eine solche Synchronisierung nicht gewährleisten.

Sofern die o.g. Voraussetzungen zum hedge accounting erfüllt sind, werden Gewinne und Verluste aus Sicherungsbeziehungen bei einem fair value hedge grundsätzlich GuV-wirksam erfasst. Handelt es sich beim Grundgeschäft um ein Eigenkapitalinstrument, bei dem Wertänderungen GuV-neutral im sonstigen Ergebnis (OCI) erfasst werden, werden auch Wertänderungen aus der Sicherungsbeziehung GuV-neutral erfasst. Im Gegensatz dazu ist bei einem cash flow hedge der effektive Teil der Sicherungsbeziehung, der den Gewinnen und Verlusten des Sicherungsinstruments entspricht, GuV-neutral im OCI als sog. cash flow-hedge-Rücklage auszuweisen.

Angaben zu Sicherungsbeziehungen nach IFRS 7

Gemäß IFRS 7.22A bis .22C ist für jede Art von Sicherungsbeziehung die Sicherungsbeziehung selbst, die Finanzinstrumente und die Risikoart zu beschreiben. Für jede Risikoart sind zudem die gewählte Risikomanagementstrategie, die Risikopositionen, der Umfang des gesicherten Risikos und die Änderung der Risikopositionen durch die Absicherung anzugeben. Darüber hinaus sind gemäß IFRS 7.23A bis .23F beim cash flow hedge weitere Angaben vorzunehmen.9 Alle erwarteten künftigen Transaktionen, die vorher als Sicherungsinstrument bilanziert wurden, dessen Eintritt jedoch nicht mehr zu erwarten ist, sind anzugeben. Gemäß IFRS 7.24A(c) sind beim fair value hedge die Änderungen der beizulegenden Zeitwerte des Sicherungsinstruments und gemäß IFRS 7.24B(a) der abgesicherten Position des Grundgeschäfts zu benennen. Wir verweisen darüber hinaus auf die in Kapitel 2.2. erläuterte Durchsetzungsentscheidung zu notwendigen Anhangangaben nach IFRS 7 für bestehende Sicherungsbeziehungen.

Weiterhin verweisen wir bzgl. des Themas auch auf zwei Beiträge in der PiR, Heft 6/2022 und 7/2023.
 



1 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Komm., 21. Aufl., § 28a Rz. 1.
2 Gemäß IAS 21.11 handelt es sich dabei um die Höhe des Anteils des berichtenden Unternehmens, beispielsweise ein Tochterunternehmen, ein joint venture oder eine Niederlassung, deren Geschäftstätigkeit in einem Land ansässig ist oder das Hauptgeschäft in einer anderen Währung ausübt, am Nettovermögen des Geschäftsbetriebs.
3 Die Gleichartigkeit von Grundgeschäften wird mittels Sensitivitätsanalysen oder Homogenitätstests festgestellt.
4 Komponenten aus diesen Positionen oder der Gruppe von Positionen können auch als Grundgeschäft definiert werden.
5 Mit Ausnahmen von geschriebenen, d. h. verkauften Optionen, und originären Finanzinstrumenten, die GuV-wirksam zu beizulegenden Zeitwerten bewertet und wie Grundgeschäfte mit anderen Parteien abgeschlossen werden.
6 Die hedge ratio ermittelt sich aus dem Verhältnis des Volumens von Grundgeschäft zum Volumen des Sicherungsinstruments. Eine hedge ratio von 100 % (perfect hedge) bedeutet, dass sich Wertänderungen in der GuV vollständig ausgleichen.
7 Versagt die Sicherungsbeziehung an den Effektivitätsanforderungen hinsichtlich der Sicherungsquote bei gleichbleibender Risikomanagementzielsetzung, ist die Sicherungsquote im Rahmen der Rekalibrierung anzupassen, um den Effektivitätsanforderungen zu genügen.
8 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Komm., 21. Aufl., § 28a Rz. 67.
9 Z.B. die Nennung der Perioden, in denen die Zahlungsströme voraussichtlich eintreten und das Periodenergebnis beeinflussen.