Höhere Erbschaftsteuer auf Vermietungsimmobilien im Drittland europarechtswidrig?

Vor dem Hintergrund einer angemessenen Wohnraumversorgung sieht das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz bei der Übertragung von im Privatvermögen gehaltenen Vermietungsimmobilien einen Verschonungsabschlag von 10 % vor (§ 13d Abs. 1 ErbStG). Voraussetzung ist, dass die zu Wohnzwecken vermieteten Immobilien im Inland, in der EU oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegen sind. Das FG Köln hat mit seinem Beschluss vom 02.09.2021 (Az. 7 K 1333/19) dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Regelung zum Verschonungsabschlag eine europarechtswidrige Diskriminierung gegenüber Drittstaatenimmobilien bedeutet.

Im Streitfall erhielt ein Vermächtnisnehmer u.a. Anteile an im Drittland belegenen und seinem Privatvermögen zuzurechnenden Vermietungsimmobilien. Er beantragte, der Besteuerung der Mietwohngrundstücke unter Berücksichtigung des Verschonungsabschlags lediglich 90 % des gemeinen Werts zu Grunde zu legen. Dass der Verschonungsabschlag nur für im Inland, der EU oder des EWR belegene Vermietungsimmobilien gelte, verstoße in Bezug auf einen Drittstaat gegen die europarechtliche Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV). Das Finanzamt folgte dem nicht und lehnte die niedrigere Besteuerung ab; das FG Köln sah dies anders.

Die nationale Steuerregelung des § 13d Abs. 1 ErbStG unterscheidet für die Festsetzung der Erbschaftsteuer nach dem Belegenheitsort des Vermögensgegenstands. Dies ist zwar mit den EU-Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar, wenn die unterschiedliche Behandlung objektiv nicht miteinander vergleichbare Situationen betrifft oder sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.

Für eine erbschaftsteuerliche Schlechterstellung von in einem Drittland befindlichen Vermietungsgrundstücken erkennt das FG Köln allerdings keine ausreichenden Rechtfertigungsgründe. Insbesondere wirkt der Schutzbereich der europarechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit ausdrücklich auch bei Drittstaatensachverhalten. Dabei beruft sich das FG Köln auf frühere Entscheidungen des EuGH, in denen Erbschaften als Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter klassifiziert wurden. Diese Grundsätze dürften auch bei Vermächtnissen gelten. Zudem bestehen beim grenzüberschreitenden Informationsaustausch in der Regel keine Schwierigkeiten.


Hinweis: Mit Blick auf die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit sprechen gute Gründe dafür, dass der erbschaftsteuerliche Verschonungsabschlag i.S.d. § 13d Abs. 1 ErbStG auch bei im Drittland belegenen Vermietungsimmobilien anzuwenden ist. Hierüber hat nun der EuGH zu entscheiden (Az. C-670/21). Vergleichbare Erbschafts- und Schenkungsfälle mit vermietetem Grundbesitz im Nicht-EU/EWR-Ausland sollten mit Hinweis auf das anhängige EuGH-Verfahren offengehalten werden.

 

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