Ermäßigte Besteuerung einer „Sprinterklausel“-Abfindung

Entschädigungen, die seitens des Arbeitgebers in Form von Abfindungen für die (vorzeitige) Aufhebung des Arbeitsverhältnisses geleistet werden, stellen regelmäßig sog. außerordentliche Einkünfte (§ 34 EStG) dar; diese unterliegen einem ermäßigten Besteuerungstarif. Das FG Hessen positioniert sich in seinem Gerichtsbescheid vom 31.05.2021 (Az. 10 K 1597/20) zu der umstrittenen Frage, ob auch die nach Wahrnehmung einer sog. Sprinterklausel gezahlte Abfindung ermäßigt zu besteuern ist.

Im Streitfall hatte eine Arbeitnehmerin mit ihrem Arbeitgeber zusätzlich zu einem Aufhebungsvertrag gegen Abfindung eine Sprinterklausel vereinbart. Danach konnte sie gegen einen weiteren Abfindungsbetrag das Arbeitsverhältnis vor dem eigentlich vereinbarten Zeitpunkt beenden. Mit Ausnahme des aufgrund der Sprinterklausel erhaltenen Betrags unterwarf das Finanzamt die Abfindung der ermäßigten Besteuerung. Das FG Hessen sah dies anders und wendet die ermäßigte Besteuerung auf den gesamten Abfindungsbetrag an.

Die einvernehmliche Auflösung eines Arbeitsverhältnisses erfolgt regelmäßig auch im Interesse des Arbeitgebers, da er so u.a. seine Beiträge zur Sozialversicherung einsparen kann; die Arbeitnehmerin führte daher vorliegend das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht allein aus eigenem Antrieb herbei. Eine dann im Gegenzug gezahlte Abfindung ist in der Regel als Entschädigung ermäßigt zu besteuern. Dies umfasst auch eine zusätzliche Abfindung, die für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Wahrnehmung einer Sprinterklausel geleistet wird. Denn in diesem Fall liegt der Rechtsgrund für die Kündigung durch die Arbeitnehmerin ebenfalls in der Aufhebungsvereinbarung und kann somit nicht separat von dieser betrachtet werden.

Das FG Hessen bezieht in seiner Entscheidung auch die Überlegungen anderer Finanzgerichte ein. So stellt das FG Niedersachsen in seinem Urteil vom 08.02.2018 (Az. 1 K 279/17 rkr.) darauf ab, dass allein der Arbeitnehmer über die Ausübung des Sonderkündigungsrechts aus der Sprinterklausel entscheiden kann; dies soll bei entsprechender Beanspruchung zu einem neuen schadenstiftenden Ereignis führen, weshalb der Arbeitnehmer die vorgezogene Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus eigenem Antrieb herbeigeführt habe. Für das FG Rheinland-Pfalz ist es demgegenüber in seinem Urteil vom 16.12.2003 (Az. 6 K 1800/03 rkr.) maßgeblich, dass die Vereinbarung der Sprinterklausel Bestandteil der Gesamtvereinbarung über die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses ist. Das FG Hessen schließt sich dieser letzteren Ansicht an und lässt im Gesamtkontext der der Arbeitnehmerin eingeräumten Kündigungsmöglichkeit nur eine nachrangige Bedeutung zukommen. Somit greift im Streitfall der ermäßigte Besteuerungstarif für den gesamten Abfindungsbetrag einschließlich des aus der Sprinterklausel resultierenden Betrags.


Hinweis: Die Finanzverwaltung hat die zugelassene Revision nicht weiter verfolgt. Somit steht zu dieser Thematik eine höchstrichterliche Entscheidung durch den BFH weiter aus. In vergleichbaren Konstellationen sollte man die u.E. überzeugende Begründung des FG Hessen heranziehen.

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