Steuerneutrale Aktienzuteilung bei ausländischem Spin-Off

Teilt eine Aktiengesellschaft ihren Anteilseignern Aktien einer börsennotierten Tochtergesellschaft im Wege eines sog. Spin-Off zu, treten steuerlich die dabei neu gewährten Anteile an der übernehmenden Gesellschaft anteilig an die Stelle der Anteile der übertragenden Gesellschaft (§ 20 Abs. 4a S. 7 i.V.m. S. 1 EStG). Dies führt letztlich dazu, dass auch die neuen Anteile zu den früheren Anschaffungskosten fortgeführt werden können und somit im Zeitpunkt des Spin-Off kein steuerpflichtiger Kapitalertrag in Form einer Sachausschüttung ausgelöst wird; erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung der neuen Aktien sind etwaige Gewinne zu besteuern. Nach dem Urteil des BFH vom 01.07.2021 (Az. VIII 9/19) gilt dies auch bei im Ausland ansässigen Gesellschaften, sofern unter Heranziehung des dortigen Gesellschafts- und Bilanzrechts die wesentlichen Strukturmerkmale einer Abspaltung i.S.d. deutschen Umwandlungsgesetzes (§ 123 Abs. 2 UmwG) vorliegen.

Im Streitfall hielt ein Kapitalanleger Aktien der US-amerikanischen Hewlett-Packard Company (HPC). Nachdem die HPC in Hewlett-Packard Inc. (HPI) umbenannt und das Unternehmenskundengeschäft auf ihre Tochtergesellschaft Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE) übertragen worden war, erhielt der Kapitalanleger im Rahmen eines Spin-Off Aktien der HPE; danach war er letztlich im selben Verhältnis an beiden Gesellschaften beteiligt. Das Finanzamt behandelte die Aktienzuteilung als steuerpflichtigen Kapitalertrag; Finanzgericht und BFH sahen dies anders.

Die vorgenommenen Übertragungsvorgänge ermöglichen auch nach rein nationalem Recht die Abspaltung einer Muttergesellschaft (hier: HPI) auf eine bereits bestehende Tochtergesellschaft (hier: HPE) - sog. Abwärtsabspaltung -, wobei die Pflicht zur Gewährung von Anteilen an der HPE durch Zuteilung der bereits bestehenden, von der HPI gehaltenen Anteile an der HPE erfüllt wurde. Die Zuteilung der HPE-Aktien an die Aktionäre der HPI erfolgte zudem auch gegen Übertragung des Unternehmenskundengeschäfts von der HPI auf die HPE. Hierbei handelte es sich entgegen der Auffassung des Finanzamts lediglich um den letzten Schritt der von Anfang an beabsichtigten Zielstruktur, nach der zwei selbständige Unternehmen entstehen sollten, an denen die bisherigen Aktionäre beteiligt sind; es liegt also ein einheitlicher zeitlicher und sachlicher Zusammenhang vor.

Im Streitfall erfolgten die Übertragung des Unternehmenskundengeschäfts und die Zuteilung der Aktien zwar im Wege einzelvertraglicher Vereinbarungen und nicht, wie es das deutsche Umwandlungsgesetz vorsieht, durch partielle Gesamtrechtsnachfolge. Die konkrete tatsächliche Vorgehensweise der Vermögensübertragung ist jedoch nach Auffassung des BFH für den Anwendungsbereich der Regelung des § 20 Abs. 4a S. 7 EStG vor dem Hintergrund einer sog. typusorientierten Auslegung unerheblich. Anderenfalls wären Anteilsinhaber derjenigen (ausländischen) Gesellschaften, deren Rechtssystem eine Vermögensübertragung kraft Gesetzes im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge nicht kennt, von vornherein benachteiligt. Dies widerspricht dem Rechtsgedanken der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV), weshalb der BFH letztlich auch ausländische Vorgänge, die bei einer rechtsvergleichenden Betrachtung der Abspaltung nach nationalem Umwandlungsrecht entsprechen, unter die Norm des § 20 Abs. 4a S. 7 EStG fasst.


Hinweis:

Mit seinem gleichzeitig verkündeten Urteil (Az. VIII R 15/20) entschied der BFH nahezu inhaltsgleich zu einem Spin-Off im Rahmen einer Zuteilung von PayPal-Aktien an eBay-Aktionäre.

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