Tax and Legal UPDATE KW 45-2023
Tax and Legal UPDATE KW 45-2023
Gesetzgebung
Wachstumschancengesetz
Bundestag, erste und zweite Anhörung vom 06.11.2023
Die führenden Wirtschaftsverbände haben in der ersten öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses die meisten Maßnahmen in dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Wachstumschancengesetzes begrüßt. Vertreter von Städten und Gemeinden warnten jedoch in Bezug auf die unternehmenssteuerrechtlichen Teilen des Entwurfs vor massiven Steuerausfällen der Kommunen.
Bei der zweiten öffentlichen Anhörung standen die Doppelbesteuerung der Renten und die erhöhten steuerlichen Abschreibungen beim Kauf von Wohnimmobilien im Fokus.
Verlängerung der Energiepreisbremsen
Bundesregierung, Verordnungsentwurf vom 02.11.2023
Die Bundesregierung erwägt, die Energiepreisbremsen zu verlängern. Eine Fortführung im Winter 2023/2024 stelle eine Versicherung gegen unerwartete Risiken dar.
Rechtsprechung - gewerblicher Bereich
Zur Mitunternehmerstellung einer GbR; Abfärbung gewerblicher Beteiligungseinkünfte
BFH, Urteil vom 05.09.2023, IV R 24/20
- Dass eine GbR nach der bis 2001 geltenden Rechtsprechung zivilrechtlich nicht Kommanditistin einer KG sein und auch nicht als solche in das Handelsregister eingetragen werden konnte, steht der Annahme ihrer Mitunternehmerstellung nicht zwingend entgegen.
- § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze, bis zu deren Erreichen die gewerblichen Beteiligungseinkünfte nicht auf die übrigen Einkünfte abfärben, verfassungsgemäß (Bestätigung des Urteils des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 06.06.2019 - IV R 30/16, BFHE 265, 157, BStBl II 2020, 649).
- Der in § 52 Abs. 32a EStG 2007 angeordnete zeitliche Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG 2007, der in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 EStG fortwirkt, verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (Bestätigung des BFH-Urteils vom 19.07.2018 - IV R 39/10, BFHE 262, 149, BStBl II 2019, 77).
- § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 EStG nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt (Bestätigung des BFH-Urteils vom 06.06.2019 - IV R 30/16, BFHE 265, 157, BStBl II 2020, 649).
Steuerbarkeit von Sachzuwendungen eines Kreditinstituts an seine Privatkunden zur allgemeinen Kundenpflege
BFH, Urteil vom 09.08.2023, VI R 10/21
Sachzuwendungen eines Kreditinstituts an seine Privatkunden, die der Pflege der Geschäftsbeziehung dienen, führen nicht zur Pauschalversteuerung nach § 37b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes.
Abwärme einer Biogasanlage als unentgeltliche Zuwendung
FG Mecklenburg-Vorpommern, Gerichtsbescheid vom 27.02.2023, 2 K 352/20
(Revision BFH XI R 4/23)
Liefert der Unternehmer mit einer von ihm hergestellten Biogasanlage vorsteuerabzugsberechtigt Strom gegen Entgelt, während er die mit der Anlage erzeugte Wärme unentgeltlich auf andere Personen überträgt, handelt es sich bei der Wärmelieferung um eine Zuwendung i. S. v. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 UStG. Nutzt der Unternehmer die Abwärme der Biogasanlage, um in eigenen Trocknungscontainern Holzhackschnitzel eines Dritten unentgeltlich zu trocknen, liegt darin weder eine Zuwendung im Sinne von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG noch eine sonstige Leistung im Sinne von § 3 Abs. 9a UStG, sondern dem Grunde nach eine unentgeltliche Wertabgabe.
Rechtsprechung - privater Bereich
Höhe nachträglicher Anschaffungskosten bei in der Krise stehen gelassener Darlehen nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG
BFH, Urteil vom 18.07.2023, IX R 21/21
- Ein in der Krise stehen gelassenes Darlehen ist im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise bestehenden Teilwert zu bewerten.
- Der bei § 17 EStG nicht abziehbare Verlust aus dem Ausfall eines stehen gelassenen Gesellschafterdarlehens wird nicht bei § 20 EStG berücksichtigt, wenn der Darlehensverlust vor dem 31.12.2008 eingetreten ist.
Zur Feststellung der Zuordnung des Arbeitnehmers im steuerlichen Reisekostenrecht
BFH, Urteil vom 14.09.2023, VI R 27/21
Eine (stillschweigende) Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers ergibt sich nicht allein daraus, dass der Arbeitnehmer die Einrichtung (aus der maßgeblichen Sicht ex ante) nur gelegentlich zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufsuchen muss, im Übrigen aber seine Arbeitsleistung ganz überwiegend außerhalb der festen Einrichtung erbringt (Anschluss an das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz 9, Beispiel 1 und Abwandlung).
Unterkunftskosten bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland
BFH, Urteil vom 09.08.2023, VI R 20/21
- Bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland ist im Einzelfall zu prüfen, welche Unterkunftskosten notwendig sind (entgegen: Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz 112).
- Bei einer beamtenrechtlich zugewiesenen Dienstwohnung sind die Unterkunftskosten am ausländischen Beschäftigungsort stets in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abzugsfähig.
Außergewöhnliche Belastungen bei Aufwendungen für eine Liposuktion
BFH, Urteil vom 10.08.2023, VI R 36/20 (NV)
Aufwendungen für eine Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems können jedenfalls ab dem Jahr 2016 ohne vorherige Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sein.
Feststellung der Grundstückswerte in Sachsen ist rechtmäßig
FG Sachsen, Pressemitteilung vom 08.11.2023 zum Urteil vom 24.10.2023, 2 K 574/23
Das FG hat die Feststellung der Grundsteuerwerte auf den 01.01.2022 und des Grundsteuermessbetrages auf den 01.01.2025 nach der für Sachsen geltenden Rechtslage für rechtmäßig erklärt. Es stützt sich dabei im Wesentlichen auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; die Revision zum BFH ist zugelassen.
Rechtsprechung - Verfahrensrecht
Zahlung von Arbeitslohn als anfechtbare Rechtshandlung
BFH, Urteil vom 18.04.2023, VII R 35/19
Die Zahlung von Arbeitslohn stellt eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der §§ 129 ff. der Insolvenzordnung dar.
Zur Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls bei der Prüfung, ob ausschließlich eine Kostendeckungsabsicht vorliegt
BFH, Beschluss vom 24.10.2023, VIII B 70/22 (NV)
Berücksichtigt das Finanzgericht (FG) bei der Beurteilung, ob eine Tätigkeit trotz Erzielens von Gewinnen nur mit Kostendeckungs- und nicht mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeführt wird, einzelne nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung heranzuziehende Indizien nicht zutreffend, führt dies nicht zu einem schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Gesamtwürdigung des FG im Ergebnis insgesamt nachvollziehbar und plausibel ist.
Finanzverwaltung
Muster der Umsatzsteuererklärung 2024
BMF, Schreiben vom 06.11.2023
Mit dem BMF-Schreiben werden die Vordruckmuster zur Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2024 eingeführt.
Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2024
BMF, Schreiben und Anlage vom 03.11.2023
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags und der Maßstabsteuer für die Kirchenlohnsteuer für 2024 bekannt gemacht.
Gegenüber dem Entwurf des Programmablaufplans 2024 (Stand: 19.09.2023, auf der Homepage des BMF nicht mehr abrufbar) haben sich noch Änderungen mit Bezug auf den Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (1,7 % statt 1,6 %) ergeben.
Corona
Nachfristen für Schlussabrechnungen der Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen
BMWK/BMF, Fristenübersicht
Für prüfende Dritte steht das digitale Antragsportal innerhalb einer Nachfrist bis zum 31.01.2024 für Einreichungen zur Verfügung. Im Einzelfall kann bis dahin eine Verlängerung der Schlussabrechnung über prüfende Dritte bis zum 31.03.2024 beantragt werden.
Rückzahlung der Soforthilfe
Die Modalitäten der Rückzahlung der Soforthilfe sind in jedem Bundesland anders geregelt. Derzeit besteht bspw. in den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen für eine eventuelle Rückzahlung der Soforthilfe nur noch bis zum 30.11.2023 Zeit.