Kapitalüberlassungen des Kommanditisten in Form von Einlagen ins Eigenkapital der Gesellschaft können ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten verringern und ermöglichen im Jahr der Verlustentstehung einen sofortigen Verlustausgleich. Die Handhabung entsprechender Einlageleistungen ist im Gesetzeswortlaut zu § 15a EStG nicht weitergehend ausgeführt und damit in der Praxis äußerst streitanfällig, wie die aktuelle Rechtsprechung zeigt.
Voraussetzungen von Einlagen
Der BFH hat sich in seinem Urteil vom 10.11.2022, Az. IV R 8/19, zu den Voraussetzungen von (freiwilligen) Einlageleistungen i.S.d. § 15a EStG geäußert.
Im Streitfall waren an einer im Jahr 2006 gegründeten GmbH & Co. KG drei natürliche Personen vermögensmäßig als Kommanditisten und eine Verwaltungs-GmbH mit 0 % als Komplementärin beteiligt.
Nach dem Gesellschaftsvertrag führte die GmbH & Co. KG für jeden Gesellschafter folgende Konten:
Kapitalkonto I | Buchung des festen Kapitalanteils des Gesellschafters | Eigenkapital |
Kapitalkonto II (Gewinnrücklagenkonto) |
Buchung von nicht entnahmefähigen Gewinnanteilen sowie dem Gesellschafter zuzurechnenden Verlustanteilen | Eigenkapital |
Verlustvortragskonto | Buchung nur, soweit das Guthaben auf dem Kapitalkonto II nicht zur Deckung von Verlustanteilen des Gesellschafters ausreicht | Eigenkapital |
Privatkonto | Buchung von entnahmefähigen Gewinnanteilen sowie laufenden Entnahmen und Einlagen | Fremdkapital |
Gemeinsames Kapitalrücklagenkonto | Buchung von Einlagen der Gesellschafter, die aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses eingefordert sind | Eigenkapital |
Ein Kommanditist gewährte der GmbH & Co. KG am 28.12.2006 ein Darlehen i.H.v. EUR 350.000. Am 13.12.2008 wurde ein Nachtrag zum Darlehensvertrag vereinbart und das vorgenannte Darlehen i.H.v. EUR 185.000 aufgekündigt. Ferner war vorgesehen, dass der Kommanditist eine Einlage in sein Kommanditkapitalkonto in Höhe des aufgekündigten Betrags leistete. Dieser Vorgang wurde in der Finanzbuchhaltung der GmbH & Co. KG ohne Zahlungsfluss durch Gutschrift auf dem Kapitalkonto II des Kommanditisten abgebildet. Aufgrund dessen wurde der auf den Kommanditisten entfallende Verlustanteil zunächst als voll ausgleichsfähig behandelt. Nach Durchführung einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt hingegen die Auffassung, dass die vorgenommene Einlagebuchung nicht i.S.d. § 15a EStG zu berücksichtigen sei; es erachtete den Verlustanteil wegen des bereits bestehenden negativen Kapitalkontos als lediglich verrechenbar und erhöhte den auf den Kommanditisten entfallenden Gewinnanteil entsprechend. Der BFH sah dies genauso.
Eine Einlage i.S.d. § 15a EStG ist danach nur gegeben, wenn dem Gesellschaftsvermögen etwas für Rechnung des Kommanditisten von außen zugeflossen ist, was den bilanziellen Unternehmenswert mehrt, also die Aktiva des Unternehmens erhöht oder die Passiva mindert, und so Einfluss auf das Eigenkapitalkonto nimmt und damit dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger unterliegt. Hierunter fallen sowohl die tatsächlich geleistete sog. bedungene Einlage des Kommanditisten, also seine Pflichteinlage, als auch freiwillige Einlagen des Kommanditisten in das Eigenkapital der Gesellschaft. Voraussetzung für Letztere ist allerdings, dass die Zuführung eine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens und eine wirtschaftliche Belastung des Kommanditisten bewirkt. Dies ist nur anzunehmen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Leistung einer freiwilligen Einlage des Kommanditisten zulässig ist oder hierüber ein wirksamer Gesellschafterbeschluss vorliegt.
Im Streitfall enthielt der Gesellschaftsvertrag unter Beachtung der Kapitalkontenstruktur keine ausdrückliche Regelung zur Zulässigkeit von freiwilligen Einlagen der Kommanditisten. Deren Verbuchung auf dem Kapitalkonto II war insoweit nach Auffassung des BFH jedenfalls unzutreffend, da dieses Konto im Speziellen keine Verbuchung freiwilliger Einlagen vorsah.
Einlagen konnten nach dem Gesellschaftsvertrag entweder auf das Privatkonto des Kommanditisten oder auf das gemeinsame Kapitalrücklagenkonto geleistet werden, wobei eine Erhöhung des Rücklagenkontos durch Einlagen einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss erforderte. Die im Streitfall am 13.12.2008 geschlossene Vereinbarung über einen Nachtrag zum Darlehensvertrag stellte nach Auffassung des BFH mangels ersichtlicher Einladung zur Gesellschafterversammlung keinen Gesellschafterbeschluss, sondern eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den am Vertragsschluss beteiligten Personen dar. Ebenso wenig war in der Feststellung des Jahresabschlusses eine Zustimmung aller Gesellschafter zu einer freiwilligen Einlage des Kommanditisten zu sehen.
Für die Verbuchung der Einlage verblieb also nur noch das Privatkonto des Kommanditisten. Hierbei handelte es sich allerdings um ein Forderungs- bzw. Darlehenskonto (= Fremdkapital) und nicht um ein Kapitalkonto (= Eigenkapital). Denn die Gesellschafter konnten nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags jederzeit die Auszahlung des auf dem Privatkonto gebuchten Guthabens verlangen. Hingegen zeichnen sich Einlagen i.S.d. § 15a EStG gerade dadurch aus, dass sie nicht frei entnehmbar sind.
Die weder von den Regelungen des Gesellschaftsvertrags noch von einem wirksamen Gesellschafterbeschluss gedeckte – tatsächliche - Buchung des Betrags i.H.v. EUR 185.000 auf dem Kapitalkonto II des Kommanditisten bewirkte somit letztlich keine Einlage i.S.d. § 15a EStG, die zur Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit der im Streitjahr angefallenen Verluste des Kommanditisten führt. Das Finanzamt hat daher zutreffenderweise einen lediglich zukünftig verrechenbaren Verlust festgestellt.
Hinweis:
Bei Personengesellschaften sollte penibel auf die buchhalterische Umsetzung des im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Kontenmodells geachtet werden. Die Möglichkeit freiwilliger Einlagen zur Erhöhung des Verlustausgleichsvolumens sollte zudem im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich verankert werden, um sicherzustellen, dass eine freiwillige Einlage als Zuführung zum Eigenkapital anerkannt wird.
Mehrentnahmen und außerbilanzielle Korrekturen bei Kapitalkontenentwicklung
Das FG Münster hat sich in seinem Gerichtsbescheid vom 13.04.2022, Az. 13 K 141/20 (Revision, BFH IV R 10/22), dazu geäußert, ob und inwieweit einerseits jahresübergreifende Mehrentnahmen und andererseits außerbilanzielle Hinzurechnungsbeträge auf das negative Kapitalkonto eines Kommanditisten für Zwecke des § 15a EStG Einfluss nehmen können.
Im Streitfall tätigte der Kommanditist einer KG in den Gewinnjahren 2014 und 2015 hohe Entnahmen und legte diese im Verlustjahr 2016 wieder ein; per Saldo waren die Einlagen im Zeitraum von 2014 bis 2016 aber nur um rd. EUR 5.000 höher als die Entnahmen. Im Rahmen der Feststellungserklärung für das Jahr 2016 wurde der auf den Kommanditisten entfallende Verlustanteil i.H.v. rd. EUR 85.000 mithin als ausgleichsfähig behandelt.
Das Finanzamt stellte hingegen unter Berücksichtigung eines steuerlichen Korrekturpostens im Hinblick auf die Rückführung von Mehrentnahmen einen lediglich verrechenbaren Verlust fest und ermittelte demzufolge einen auf den Kommanditisten entfallenden Gewinnanteil. Zudem berücksichtigte das Finanzamt den außerbilanziell hinzuzurechnenden Betrag im Rahmen eines angesetzten Investitionsabzugsbetrags nicht bei der Berechnung des verrechenbaren Verlustes.
Das FG Münster beanstandet die Auffassung des Finanzamts insoweit, als dass dieses bei der Berechnung des verrechenbaren Verlustes einen steuerlichen Korrekturposten im Hinblick auf die Rückführung von Mehrentnahmen berücksichtigte. Auch wenn der Kommanditist bei jahresübergreifender Betrachtung in den Jahren 2014 bis 2016 per Saldo nur Einlagen i.H.v. rd. EUR 5.000 tätigte, ist der auf ihn entfallende steuerliche Verlust des Jahres 2016 i.H.v. rd. EUR 85.000 ungeachtet der damit einhergehenden Erhöhung seines – auch nach den Einlagen immer noch - negativen Kapitalkontos i.S.d. § 15a EStG in voller Höhe ausgleichs- bzw. abzugsfähig. Die Einlage im Streitjahr war höher als der auf den Kommanditisten entfallende Verlust; die Einlage hat also Verlustausgleichspotential geschaffen und durch den Verlust des laufenden Jahres hat sich damit – isoliert betrachtet – das negative Kapitalkonto nicht erhöht. Denn Einlagen oder Entnahmen, die in Vorjahren vorgenommen wurden, dürfen nach der gesetzlichen Grundkonzeption des § 15a EStG in Form einer streng jahresbezogenen Betrachtung nicht in die Berechnung des verrechenbaren Verlustes eines anderen Jahres einbezogen werden; hierfür gibt es nach Auffassung des FG Münster keine gesetzliche Grundlage.
Hinsichtlich des außerbilanziell hinzuzurechnenden Betrags im Rahmen eines angesetzten Investitionsabzugsbetrags, den das Finanzamt bei Berechnung des verrechenbaren Verlustes nicht berücksichtigte, stimmt das FG Münster der Vorgehensweise des Finanzamts zu. Denn eine außerbilanzielle Korrektur beeinflusst nicht die Höhe des Kapitalkontos i.S.d. § 15a EStG; mithin wird dadurch weder das Gesellschaftsvermögen noch die Außenhaftung des Kommanditisten tangiert.
Hinweis:
Im Revisionsverfahren wird der BFH insbesondere die Frage zu klären haben, ob die Rückführung von jahresübergreifenden Mehrentnahmen wie eine „normale“ Einlage zu einem Verlustausgleichsvolumen i.S.d. § 15a EStG führt. Sollte sich der BFH diesbezüglich der Auffassung des FG Münster anschließen, könnte durch kurzfristige Gewinnentnahmen, die der Kommanditist im folgenden Wirtschaftsjahr wieder zurückführt, Verlustausgleichsvolumen geschaffen werden. Demzufolge müssten die Einlageleistungen eines Kommanditisten also gerade nicht darauf untersucht werden, ob es sich ggf. um die Rückführung von Mehrentnahmen handelt. Die Entscheidung des BFH diesbezüglich bleibt mit Spannung abzuwarten.