Entwurf eines BMF-Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital

Die steuerliche Behandlung von Genussrechten wurde in den letzten Jahren auch aufgrund von ergangenen Verwaltungsanweisungen in der Praxis vielfach diskutiert. Insbesondere die Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen vom 12.05.2016 (S 2742-2016/0009-St 131) sorgte für große Unsicherheit bei betroffenen Genussrechtsemittenten. Danach sollte ein Genussrecht, das in der Handelsbilanz als Eigenkapital qualifiziert wird, aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips auch in der Steuerbilanz als Eigenkapital zu qualifizieren sein mit der Folge, dass Ausschüttungen darauf nach den allgemeinen Regeln des § 8 Abs. 3 S. 1 KStG nicht abzugsfähig sein sollten.

Diese geänderte Auffassung der Finanzverwaltung wurde in der Praxis, aber auch in der Literatur vielfach kritisiert. Mit Verfügung vom 18.07.2018 (S 2133-000036-V B1) hatte das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen darauf reagiert und die Verfügung aufgehoben.

Das BMF hat nun im November 2022 den Entwurf eines BMF-Schreibens insbesondere zur steuerbilanziellen Zuordnung von Genussrechtskapital veröffentlicht.

Danach geht die Finanzverwaltung aufgrund der fehlenden gesetzlichen Definition von Genussrechten für diese zunächst von einem schuldrechtlichen Charakter aus. In der Praxis bisher herangezogene Kriterien wie eine fehlende Kündigungsmöglichkeit seitens des Genussrechtsinhabers oder die Tatsache, dass eine Rückzahlung erst im Zeitpunkt der Liquidation verlangt werden kann, sollen an dieser Einschätzung nichts ändern.

Das BMF möchte jedoch klarstellen, dass für die Einordnung als Eigen- oder Fremdkapital geprüft werden muss, ob es sich um beteiligungs- oder obligationsähnliche Genussrechte handelt. Dies hat einzelfallbezogen anhand verschiedener Kriterien, wie z.B. Vorliegen einer Gewinn- und/oder Verlustbeteiligung, Förderung eines gemeinsamen Zwecks etc., zu erfolgen. Darüber hinaus soll, wie auch in der Vergangenheit praktisch üblich, eine Abgrenzung zu anderen Finanzinstrumenten, wie z.B. der stillen Gesellschaft und dem partiarischen Darlehen, erfolgen.

Im Grundsatz geht der BMF-Entwurf von der Einordnung in der Handelsbilanz aus. Laut dem IDW/HFA 1/94 ist das Genussrechtskapital dort als Eigenkapital auszuweisen, wenn folgende Kriterien kumulativ erfüllt sind:

  • Nachrangigkeit der Kapitalüberlassung gegenüber den anderen Gläubigern;
  • Erfolgsabhängigkeit der Vergütung;
  • Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe des überlassenen Kapitals;
  • Langfristigkeit der Kapitalüberlassung.

Allerdings ist steuerrechtliches Fremdkapital auch bei einer handelsbilanziellen Einordnung als Eigenkapital nicht zwangsläufig ausgeschlossen. Bei der steuerbilanziellen Abgrenzung von Fremd- und Eigenkapital ist eine bestehende Rückzahlungsverpflichtung ein entscheidendes Kriterium für das Vorliegen von Fremdkapital.

Auch bei Begebung von Genussrechtskapital in der Krise soll nach Meinung der Finanzverwaltung zunächst von einer Qualifikation als Fremdkapital auszugehen sein. Nur besondere kumulativ zu erfüllende Indizien, wie z.B. eine Kapitalüberlassung in zeitlichem Zusammenhang mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, geringe laufende Gewinne bei einer hohen Fremdkapitalquote etc. sollen für die Qualifikation als Eigenkapital sprechen.

Bei Vorhandensein von Wandlungs- und Optionsrechten soll zwar im Einzelfall geprüft werden, ob der Gesellschaft das Kapital auf Dauer zugeführt wird. Grundsätzlich ist auch hier nach Auffassung des BMF von Fremdkapital auszugehen. Nicht nachvollziehbar sind allerdings die Ausführungen, dass je nach Ausgestaltung der Wandlungs- und Optionsrechte bereits von Anfang an eine Qualifikation des Kapitals als Eigenkapital in Frage kommt, so z.B. wenn die Ausübung des Rechts die einzige wirtschaftlich sinnvolle Variante ist. Dies könnte bei Nichtausübung des Rechts zu inkonsistenten Qualifikationen führen.

Gegen die steuerbilanzielle Berücksichtigung einer Verbindlichkeit spricht nach Auffassung der Finanzverwaltung eine fehlende wirtschaftliche Belastung. Wann genau diese fehlt, wird jedoch leider nicht dargestellt.

Sofern steuerlich Fremdkapital vorliegt, soll es sich für die ertragsteuerliche Behandlung der gezahlten Vergütungen grundsätzlich um Betriebsausgaben handeln. Sofern jedoch Vergütungen auf Genussrechte gezahlt werden, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös verbunden ist, mindern diese das Einkommen des Genussrechtsemittenten nicht. Dazu führt die Finanzverwaltung beispielhaft auf, wann eine Beteiligung am Gewinn und wann eine Beteiligung am Verlust vorliegt.

Hinweis:

Der Entwurf des BMF-Schreibens ist grundsätzlich zu begrüßen, da Rechtsunsicherheiten aus der Vergangenheit beseitigt werden. Es gibt sicherlich noch Nachbesserungsbedarf im Bereich der Wandlungs- und Optionsrechte sowie des Vorliegens einer wirtschaftlichen Belastung. Es bleibt daher abzuwarten, ob und wie das BMF hier in der finalen Version nochmals nachbessern wird.