Blickpunkt: Erlöserfassung aus dem Verkauf/ (Sub-) Lizensierung von Programm- und Ausstrahlungslizenzen in der Medienbranche
Einleitung
Das Angebotsspektrum moderner Medienunternehmen deckt eine breitgefächerte Wertschöpfungskette ab. Diese reicht von der Produktion und Distribution von Bewegtbild- und anderen Medieninhalten (in der Praxis oft als „Content“ bezeichnet), über die Bündelung von Inhalten zu zielgruppenorientierten, linearen Programmen und Sendern (im TV) bzw. Online-Plattformen sowie deren Monetarisierung durch den Verkauf von Werbeflächen, bis hin zur Distribution über Kabel-, Satelliten- und Online-Anbietern. Zu den wesentlichsten erlösgenerierenden Vermögenswerten gehören in diesem Kontext entweder eigenproduzierte oder von Dritten (bspw. großen Hollywood-Studios) erworbene bzw. lizensierte Inhalte, in der Praxis oft als „Programmvermögen“ bezeichnet.Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie Erlöse aus dem Verkauf bzw. der (Sub-)Lizensierung derartiger Vermögenswerte (entweder als Ganzes oder in Teilen) an Dritte nach IFRS zu erfassen sind. Dies ist insbesondere dann nicht unumstritten, wenn der Ansatz und die Bewertung des Contents in der Bilanz nach den Vorschriften von IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte) erfolgt.
Einschlägigkeit verschiedener IFRS-Standards
Medienunternehmen produzieren und erwerben Content-Rechte in verschiedenen Stadien:- Von reinen Formatideen, die entweder selbst produziert oder von unabhängigen Produzenten erworben werden mit der Absicht, diese weiterzuentwickeln und zu nutzen,
- bis hin zu kompletten Lizenzpaketen bereits fertiger Programme (bspw. Filme oder Serien großer Studios), welche die Unternehmen zumeist in ihren linearen und digitalen Plattformen über vertraglich festgelegte Zeiträume oder eine bestimmte Anzahl von Ausstrahlungen (in der Praxis auch als „Runs“ bezeichnet) ausstrahlen und i.d.R. über Werbung monetarisieren.
Programm- und Ausstrahlungslizenzen entsprechen – grundsätzlich - der Ansatzdefinition des IAS 38 als „identifizierbare (weil i.d.R. sowohl separierbar als auch auf Basis vertraglicher, rechtlicher Beziehungen entstandene), nicht-monetäre Vermögenswerte ohne physische Substanz“ und werden im Anwendungsbereich des Standards explizit erwähnt (IAS 38.6). Allerdings kann ebenso gut argumentiert werden, dass ausschließlich zum Verkauf gehaltene Programm- und Ausstrahlungslizenzen der Definition von IAS 2 Vorräte entsprechen. Ebenso können zur Ausstrahlung im TV bzw. online vorgehaltene Lizenzen - analog Verbrauchsmaterialien - in den Anwendungsbereich von IAS 2 fallen. Aus diesem Grund hat sich in der Bilanzierungspraxis eine erhebliche Divergenz herausgebildet. Medienunternehmen weisen Programm- und Ausstrahlungslizenzen als Vorräte, allgemein als „Working Capital“ oder als immaterielle Vermögenswerte aus.
Umsatzerlöse vs. sonstiger betrieblicher Ertrag
Werden Programm- und Ausstrahlungslizenzen den Vorräten zugerechnet bzw. als Working Capital ausgewiesen, hat die Erlöserfassung aus dem Verkauf bzw. der (Sub-)Lizensierung an Dritte eindeutig nach den Vorschriften des IFRS 15 zu erfolgen. Je nachdem, ob es sich bei den entsprechenden Lizenzen um statische oder dynamische Lizenzen handelt, erfolgt die Umsatzrealisierung dabei zeitpunktbezogen, i.d.R. bei Übergang der zugrundeliegenden Rechte auf den Kunden, oder zeitraumbezogen über den jeweils vereinbarten Lizenzzeitraum. Dabei ist es unerheblich, ob hierbei sämtliche Rechte (also bspw. alle zukünftigen Ausstrahlungen eines Filmtitels) oder Einzelrechte (also ggf. nur eine oder zwei Ausstrahlungen) auf den Käufer übergehen.Für Unternehmen, die Programm- und Ausstrahlungslizenzen als immaterielle Vermögenswerte i.S.v. IAS 38 bilanzieren, könnte sich die Umsatzrealisierung unter Umständen schwieriger gestalten, denn der Standard enthält ein explizites Verbot, Erlöse aus dem Verkauf immaterieller Vermögenswerte unter den Vorschriften von IFRS 15 zu realisieren (brutto als Umsatzerlöse (aus der erhaltenen/ zu erhaltenden Gegenleistung) und Umsatzkosten (den Kosten aus dem Abgang der veräußerten/ (sub-)lizensierten Lizenz)). Stattdessen ist nach IAS 38 das Nettoergebnis als sonstiger betrieblicher Ertrag zu zeigen. Das IFRS IC hat diese Vorgehensweise im Jahr 2020 im Fall von Transferzahlungen aus der Veräußerung von Fußballspieler-Lizenzen bestätigt.
Gegen diese enge Auslegung spricht der Umstand, dass es sich bei Programm- und Ausstrahlungslizenzen, anders als bei Fußballspielern,
- um Massenprodukte handelt,
- die zudem, wie eingangs dargestellt, über die verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette die wesentlichen (wenn nicht gar ausschließlichen) Erlös- und Ergebnistreiber von Medienunternehmen darstellen.
Best-practice-Erfahrungen aus der Bilanzierungspraxis
Die Veräußerung bzw. (Sub-)Lizensierung von Programminhalten stellt daher einen essenziellen, wiederkehrenden Teil des operativen Geschäfts von Medienunternehmen dar, demnach deren ordinary activities im Sinne der Definition des IFRS 15 Anhang A und nicht lediglich ein nachgelagertes, eher zufällig bzw. in Einzelfällen entstehendes Erlös-„Anhängsel“. Hierzu wird sowohl eigens zu diesem Zweck erworbener bzw. produzierter Content veräußert bzw. (sub-)lizensiert als auch Programm- und Ausstrahlungslizenzen, die möglicherweise ursprünglich zur werbefinanzierten TV- bzw. Online-Ausstrahlung erworben wurden. Im Rahmen der Steuerung von Medienunternehmen handelt es sich bei zur Veräußerung/(Sub-)Lizensierung erworbenem sowie im Rahmen der kontinuierlichen Programmgestaltung zur Veräußerung/(Sub-)Lizensierung designiertem Programmvermögen daher eher um Working Capital als um langfristige Anlagegüter. Deswegen verwundert es nicht, dass die Bilanzierungspraxis zeigt, dass die Erlöserfassung derartiger Transaktionen dieser Sichtweise folgt und Erlöse somit brutto als Umsatzerlöse nach IFRS 15 und nicht netto als sonstiger betrieblicher Ertrag nach IAS 38 gezeigt werden, selbst dann, wenn bei Ansatz, Ausweis und Bewertung in der Bilanz IAS 38 zur Anwendung kommt. Die diesbezüglichen Zahlungsströme werden in der Praxis im Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit ausgewiesen.Wir verweisen bzgl. des Themas auch auf einen Beitrag in der PiR, Heft 5/2024.