Hintergrund und Zielsetzung
Infolge der Diskussionen um die Bilanzierung von Leasingverbindlichkeiten aus Sale-and-Leaseback Transaktionen (SALB-Transaktionen) mit variablen nicht index- oder zinssatzbasierten Leasingzahlungen, denen eine Agendaentscheidung des IFRS IC im Jahr 2020[1] vorausgegangen war, hat der IASB Handlungsbedarf zur Nachbesserung erkannt und am 22.9.2022 das Amendment “Lease Liability in a Sale and Leaseback” an IFRS 16 “Leasingverhältnisse”[2] veröffentlicht. Durch die Änderung des IFRS-16-Regelwerks beabsichtigt der IASB die (Folge-)Bilanzierung von Leasingverbindlichkeiten aus SALB-Transaktionen vergleichbarer zu machen (IFRS 16.BC267ZB).
Bilanzierung von SALB-Transaktionen und IFRS IC Agendaentscheidung
Bei einer SALB-Transaktion überträgt ein Unternehmen (Verkäufer-Leasingnehmer) einen Vermögenswert auf ein anderes Unternehmen (Käufer-Leasinggeber) und least diesen Vermögenswert (in der nächsten logischen Sekunde) zurück. Sofern die Übertragung des Vermögenswertes einen Verkauf gemäß IFRS 15 darstellt, hat der Verkäufer-Leasingnehmer den Vermögenswert auszubuchen und das zurückbehaltene Nutzungsrecht an diesem zu erfassen (IFRS 16.100 ff.).
Das mit dem Rückleasing verbundene Nutzungsrecht ist mit dem Teil des früheren Buchwerts anzusetzen, der sich auf das zurückbehaltene Nutzungsrecht bezieht. Dementsprechend hat der Verkäufer-Leasingnehmer nur etwaige Gewinne oder Verluste aus der Transaktion zu erfassen, die sich auf die übertragenen Rechte an den Käufer-Leasinggeber beziehen (IFRS 16.100(a)). Eine Ermittlungsmethodik wird mit IFRS 16 allerdings nicht vorgegeben. Hinsichtlich der (Folge-)Bewertung der Leasingverbindlichkeit sind variable nicht index- oder zinssatzabhängige Leasingzahlungen (z.B. umsatzabhängige Mieten) nicht einzubeziehen (IFRS 16.27(b)) und stattdessen aufwandswirksam zu erfassen (IFRS 16.38(b)).
Fraglich erschien in diesem Zusammenhang, wie das Nutzungsrecht aus einer SALB-Transaktion mit rein umsatzabhängigen Mieten zu bewerten ist und darauf aufbauend die Ermittlung eines Gewinns oder Verlusts aus der Transaktion durch den Verkäufer-Leasingnehmer, wenn keine Leasingverbindlichkeit anzusetzen ist (aufgrund der variablen Ausgestaltung der Leasingentgelte). Hierzu hatte das IFRS IC im November 2019 eine entsprechende Anwenderfrage erhalten und schlussfolgerte in seiner Agendaentscheidung im Juni 2020, dass alle erwarteten Leasingzahlungen einer SALB-Transaktion dem beizulegenden Zeitwert des Vermögenswerts im Zeitpunkt der Transaktion gegenüberzustellen sind, um das zurückbehaltene Nutzungsrecht und damit den Gewinn oder Verlust für die übertragenden Rechte sachgerecht zu ermitteln. Demnach sind korrespondierend auch umsatzabhängige Mieten für die Erfassung der Leasingverbindlichkeit aus SALB-Transaktionen zu berücksichtigen. Wie mit der Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit bei Einbezug aller variablen Leasingzahlungen umzugehen ist, wurde hingegen nicht in der Agendaentscheidung erläutert.
Aufgrund der weiteren Unklarheiten zur Folgewertung von Leasingverbindlichkeiten aus SALB-Transaktionen hat der IASB den Bedarf an einer Ergänzung des IFRS-16-Regelwerks erkannt und zunächst im November 2020 den Exposure Draft Lease Liability in a Sale and Leaseback – Proposed Amendments to IFRS 16 (ED/2020/4)[3] veröffentlicht. Dieser wurde modifiziert folglich im September 2022 als Amendment veröffentlicht.
Änderungen an IFRS 16 durch Einfügung von IFRS 16.102A
Der mit dem Amendment neu eingefügte Paragraph IFRS 16.102A kodifiziert zunächst die Anwendbarkeit der bisherigen Regelungen zur Folgebewertung des Nutzungsrechts gemäß IFRS 16.29-35 sowie der Leasingverbindlichkeit gemäß IFRS 16.36-46. Neu eingefügt wurde eine Ausnahmeregelung zur Folgebewertung von Leasingverbindlichkeiten aus SALB-Transaktion. Demnach hat ein Verkäufer-Leasingnehmer die (geänderten) Leasingzahlungen so zu bestimmen, dass keine Gewinne oder Verluste aus dem zurückbehaltenen Nutzungsrecht an dem veräußerten Vermögenswert vereinnahmt werden. Ausgenommen hiervon ist die Erfassung von Gewinnen oder Verlusten im Zusammenhang mit der teilweisen oder vollständigen Beendigung eines Leasingverhältnisses (IFRS 16.46(a)). Direkte Änderungen für die Folgebewertung des Nutzungsrechts ergeben sich hierdurch nicht.
Im Gegensatz zum vorausgegangenen ED/2020/4 enthält das Amendment keine methodischen Vorgaben mehr zur Umsetzung der neuen Vorschriften. Es wird lediglich klargestellt, dass der Verkäufer-Leasingnehmer keine Schätzungen der erwarteten Leasingzahlungen vorzunehmen und vielmehr auf Basis der Umstände und Fakten des Einzelfalls eine angemessene Methodik zu entwickeln hat (IFRS 16.BC294A(c)). Das neu hinzugefügte Beispiel 25 gibt sowohl Hinweise für die Erst- als auch die Folgebewertung von Leasingverbindlichkeiten aus SALB-Transaktionen (IFRS 16.IE12) und greift damit implizit die IFRS IC Agendaentscheidung aus November 2020 auf. Die im ED/2020/4 aufgenommene Definition des Begriffes der erwarteten Zahlungen wurde nicht in das Amendment übernommen.[4]
Erstanwendungszeitpunkt und Anhangangaben
Die noch ausstehende Übernahme in EU-Recht vorausgesetzt, sind die Änderungen für Berichtsjahre, die am oder nach dem 1.1.2024 beginnen anzuwenden. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig, über die im Anhang zu berichten ist (IFRS 16.C1D). Die neuen Vorschriften hat ein Verkäufer-Leasingnehmer retrospektiv gemäß IAS 8 „Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehlern“ und damit auf alle SALB-Transaktionen anzuwenden, die seit Einführung von IFRS 16 vereinbart und zum Erstanwendungszeitpunkt des geänderten Regelwerks noch nicht beendet waren (IFRS 16.C20E).
[1] Vgl. IFRS IC Staff Paper, Sale, and leaseback with variable payments - Comment letters on tentative agenda decision, IFRS IC Meeting Jun 2020 AP 3.
[2] Vgl. IASB (Hrsg.), Lease Liability in a Sale and Leaseback – Amendments to IFRS 16, September 2022.
[3] Vgl. IASB (Hrsg.), Exposure Draft Lease Liability in a Sale and Leaseback – Proposed Amendments to IFRS 16 (ED/2020/4), November 2020.
[4] Für eine ausführliche Darstellung der Problematik von SALB-Transaktionen sowie Änderungen an IFRS 16 anhand von Beispielen vgl. Schunk/Weller, IRZ 2022, S. 517-522.
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