02. Februar 2017
Die Bundesregierung hat am 21.09.2016 den Regierungsentwurf zum CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RegE)[1] vorgelegt, welches erstmals auf die Rechnungslegung für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2016 beginnen, angewendet werden soll.
Mehr zum Thema Corporate Social Responsibility
Neben einer Erweiterung der diversitätsbezogenen Angaben in der (Konzern-)Erklärung zur Unternehmensführung regelt der Gesetzentwurf vor allem die Abgabe einer nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung durch Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften im Sinne des § 264a HGB sowie Genossenschaften, die kumulativ die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllen:
- große Gesellschaften nach § 267 Abs. 3 und 4 HGB,
- kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d HGB,
- im Durchschnitt des laufenden Jahres sowie des Vorjahres mehr als 500 Arbeitnehmer.
Kreditinstitute sowie Versicherungen unterliegen, unabhängig von ihrer Rechtsform, den beabsichtigten Neuerungen zur Abgabe einer nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung, wobei diese Institute und Unternehmen nicht das Kriterium der Kapitalmarktorientierung zu erfüllen brauchen.
Die nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung soll sich neben der Beschreibung des Geschäftsmodells mindestens auf die nachfolgend genannten Aspekte[2] beziehen:
- Umweltbelange,
- Arbeitnehmerbelange,
- Sozialbelange,
- Achtung der Menschenrechte und
- Bekämpfung von Korruption und Bestechung.
Zu diesen Aspekten sind u.a. Angaben zu den von der Gesellschaft verfolgten Konzepten, zur Handhabung wesentlicher Risiken und zu den bedeutsamsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren zu machen, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Unternehmens sowie der Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit erforderlich sind.
Die Angaben können entweder in einem eigenen Abschnitt, vollintegriert oder in einem gesonderten nichtfinanziellen (Konzern-)Bericht, einem sog. (Konzern-) Nachhaltigkeitsbericht, erfolgen, sofern letzterer entweder zusammen mit dem (Konzern-)Lagebericht offengelegt wird oder spätestens sechs Monate nach dem Abschlussstichtag auf der Internetseite der Gesellschaft veröffentlicht wird und der (Konzern-)Lagebericht auf diese Veröffentlichung unter Angabe der Internetseite Bezug nimmt.
Änderungen im Vergleich zum Referentenentwurf zum CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz
Im Vergleich zum entsprechenden Referentenentwurf (CSR-RefE) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 11.03.2016[3] enthält der Gesetzesentwurf nur geringfügige Änderungen. Es ist daher weiterhin von einer nahezu 1:1 Umsetzung der zugrundeliegenden Richtlinie 2014/95/EU vom 22.10.2014[4] auszugehen.
Entgegen des CSR-RefE sieht der CSR-RegE jedoch nicht mehr vor, dass in den (Konzern-)Lagebericht auch ein Vergleich mit dem Vorjahr und eine Auswertung der Prognosen des Vorjahres aufzunehmen sind.[5]
Der CSR-RefE sah seinerzeit noch vor, die nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung in einem besonderen Abschnitt im (Konzern-)Lagebericht darzustellen, was in dem CSR-RegE aufgegeben wurde. Danach kann die nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung nunmehr vollintegriert an verschiedenen Stellen im (Konzern-)Lagebericht erfolgen.[6]
Explizit aufgenommen wurde die Verweismöglichkeit auf die an anderer Stelle im (Konzern-)Lagebericht enthaltenen nichtfinanziellen Angaben, sofern die nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung einen besonderen Abschnitt des (Konzern-)Lageberichts bildet.[7]
Prüfungspflicht durch den Aufsichtsrat
Im Gegensatz zur Abschlussprüfung eines (Konzern-) Jahresabschlusses und (Konzern-)Lageberichts, bei der der Aufsichtsrat in seiner Prüfungspflicht durch den Abschlussprüfer unterstützt wird, sieht der CSR-RegE hinsichtlich der nichtfinanziellen Informationen vor, dass der Abschlussprüfer lediglich zu prüfen hat, ob die nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung im Rahmen der (Konzern-)Lageberichterstattung oder der (Konzern-) Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt wurde.
Eine inhaltliche Prüfung der Erklärung oder des (Konzern-)Nachhaltigkeitsberichts durch den Abschlussprüfer ist im CSR-RegE nicht vorgesehen. Danach obliegt die inhaltliche Prüfung der Erklärung oder des (Konzern-) Nachhaltigkeitsberichts allein dem Aufsichtsrat. Möglichen Verletzungen dieser Sorgfaltspflichten kann der Aufsichtsrat z.B. durch die Beauftragung zu einer prüferischen Durchsicht oder einer Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung entgegenwirken.
Stand des Gesetzgebungsverfahrens
Da die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2014/95/EU bereits am 06.12.2016 auslief[8], befindet sich der Gesetzgeber in Verzug.
Eine Befassung und Beschlussfassung des Bundesrats mit dem Gesetzentwurf zum CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz ist nach derzeitigem Kenntnisstand für das 1. Quartal 2017 geplant.
Europäische Kommission und Accountancy
Europe
Die Europäische Kommission hat im Januar 2016 eine öffentliche Konsultation zu den unverbindlichen Leitlinien zur Methode der Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen nach Artikel 2 der Richtlinie 2014/95/EU eingeleitet. Im Rahmen dieser öffentlichen Konsultation wurden Meinungen u.a. von Unternehmen, Investoren und Nichtregierungsorganisationen eingeholt. Die Europäische Kommission hat dazu am 20.09.2016 ein Feedback Statement veröffentlicht.[9]
Die unverbindlichen Leitlinien zur Methode der Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen sollten bis Dezember 2016 veröffentlicht werden. Angesichts der jüngsten Entwicklungen auf internationaler Ebene, unter anderem in der Gruppe der G20 und im Rat für Finanzstabilität (FSB), wurde diese Zeitplanung angepasst, wonach die Veröffentlichung der unverbindlichen Leitlinien nunmehr für das Frühjahr 2017 vorgesehen ist.[10]
Mit der Publikation “Disclose what truly matters” hat die Accountancy Europe im November 2016 eine praxisnahe Hilfestellung veröffentlicht, um Unternehmen bei der Aufstellung einer nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung zu unterstützen.[11]
Ausstrahlungswirkungen
Nach Schätzungen des Betreibers des Bundesanzeigers werden in Deutschland ca. 550 Unternehmen von der neuen Berichtspflicht zur Abgabe einer nichtfinanziellen (Konzern-) Erklärung betroffen sein.[12]
Ungeachtet des Standes des Gesetzgebungsverfahrens ist zu empfehlen, dass sich die betroffenen Unternehmen mit den bevorstehenden Gesetzesänderungen frühzeitig befassen.
Aber auch Unternehmen, die nicht der bevorstehenden Gesetzesänderung unterliegen, wird empfohlen, sich zeitnah und intensiv mit den Themen Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsberichterstattung zu befassen, denn Unternehmen werden heute zunehmend nicht mehr nur nach ihren Finanzdaten beurteilt. Anspruchsgruppen (z.B. Investoren, Kunden, Mitarbeiter) verlangen heute mehr und bessere Informationen über die Geschäftstätigkeit von Unternehmen, u.a. um zu entscheiden, ob sie investieren, Produkte und Dienstleistungen erwerben oder ein Arbeitsverhältnis begründen wollen.
[2] Der im Konzeptpapier zur Umsetzung der CSR-Richtlinie des BMJV vom 27.04.2015 aufgeführten und im Begleitschreiben des BMJV zum CSR-RefE vom 11.03.2016 formulierten Empfehlung, zusätzlich einen Aspekt „Kundenbelange“ aufzunehmen, wurde im CSR-RegE nicht gefolgt.
[5] Vgl. §§ 289, 315 HGB-E i.d.F. CSR-RegE. Zu entsprechenden Vorgaben des DRS 20 siehe Henckel/Rimmelspacher/Schäfer, Der Konzern 2014, S. 393.
[6] Vgl. §§ 289b Abs. 1, 315b Abs. 1 HGB-E i.d.F. CSR-RegE.
[7] Vgl. §§ 289b Abs. 1, 315b Abs. 1 HGB-E i.d.F. CSR-RegE.
[8] Vgl. Art. 4 Abs. 1 CSR-RL.
[12] Vgl. CSR-RegE, S. 39.